Akute und chronische Leukämien (Blutkrebs)
Bei Blutkrebs (Leukämien) gibt es zahlreiche Unterformen. Dazu gehören die akute myeloische Leukämie (AML), die akute lymphatische Leukämie (ALL), die chronische myeloische Leukämie (CML), die chronische lymphatische Leukämie (CLL) und einige seltenere Formen.
Das Kennzeichen von Leukämien ist die unkontrollierte Vermehrung von weißen Blutkörperchen im Blut und Knochenmark. Je nachdem, welche Art von weißen Blutkörperchen betroffen ist, unterscheidet man die oben genannten Formen wie die akute myeloische Leukämie (AML), die akute lymphatische Leukämie (ALL), die chronisch myeloische Leukämie (CML) oder die chronische lymphatische Leukämie (CLL).
Häufigkeit von Leukämien
Leukämien sind insgesamt weniger häufig als viele der sogenannten soliden Tumoren der Organsysteme. In Deutschland wird pro Jahr bei etwa vier von 100.000 Erwachsenen die Diagnose einer akuten Leukämie gestellt. Das Risiko, an einer akuten Leukämie zu erkranken, steigt mit zunehmendem Lebensalter an. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 60 und 70 Jahren. Bei Erwachsenen findet sich in etwa 80 Prozent der akuten Leukämien eine akute myeloische Leukämie (AML), nur 20 Prozent sind akute lymphatische Leukämien (ALL). Die lymphatische Form der akuten Leukämie ist bei Kindern die häufigste Leukämieform.
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämie. Auch diese Erkrankung ist bei älteren Menschen häufiger als bei jungen Menschen. Das Durchschnittsalter beträgt bei Erstdiagnose 70 bis 75 Jahre. Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist dagegen insgesamt eher seltener. Die chronischen Formen der Leukämien werden aufgrund der Verlaufsform von den akuten unterschieden. In den folgenden Abschnitten werden die Unterschiede weiter aufgeführt.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen der Entstehung von Krebserkrankungen und Leukämien sind bisher nur teilweise geklärt und können nur bei einem Teil der Patienten auf bestimmte Risikofaktoren zurückgeführt werden. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die das Erkrankungsrisiko erhöhen, wie beispielsweise die Schädigung des blutbildenden Systems und der Stammzellen durch radioaktive Strahlung und bestimmte Chemikalien. Weiterhin sind auch eine Vorbehandlung mit einer Chemotherapie und/oder Strahlentherapie einer anderen bösartigen Erkrankung und die langjährige Einnahme von immununterdrückenden Medikamenten mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden. Nur selten liegen diesen Erkrankungen Erbkrankheiten zugrunde. Schließlich gibt es mehrere Bluterkrankungen, wie zum Beispiel die sogenannten myelodysplastischen Syndrome und die myeloproliferativen Syndrome, die in akute Leukämien übergehen können. Diese Verlaufsformen sind dann sekundäre Formen.
Symptome
Die Symptome bei Leukämien sind in der Regel auf die Verdrängung der normalen Zellen im Blut und Knochenmark zurückzuführen. Häufige Krankheitszeichen sind Müdigkeit, Blässe, Schwäche, Schwindel, Atemnot, Husten, Anämie durch die Verminderung der roten Blutkörperchen, Infektionen durch die Verminderung der normalen weißen Abwehrzellen und Blutungen durch Verminderung der Blutplättchen. Darüber hinaus finden sich häufig Vergrößerungen von Leber, Milz oder Lymphknoten, Knochenschmerzen, Zahnfleischschwellung und Entzündungen der Schleimhäute. Sehr hohe Zahlen von Leukämiezellen im Blut können zu Störungen des zentralen Nervensystems, Sehstörungen und anderen Beschwerden sowie zu Blutungsereignissen führen.
Diagnostik
Beim Verdacht auf eine Leukämie ist eine rasche Abklärung notwendig, die meist nur bei einem stationären Aufenthalt erfolgen kann.
Die Diagnostik und Therapie der Leukämien hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Neben einem ausführlichen Diagnosegespräch sind verschiedene Voruntersuchungen erforderlich. Dazu gehören eine Anamnese und eine körperliche Untersuchung, ausführliche Laboruntersuchungen des Blutes und eine Knochenmarkuntersuchung. Wichtige Organe werden mit nebenwirkungsfreien Verfahren wie einer Sonographie, EKG und Herzultraschall sowie Röntgen untersucht.
Durch spezielle Laborverfahren wie die Untersuchung mittels Mikroskop und die sogenannte Immunphänotypisierung können die Leukämiezellen im Blut und Knochenmark genauer charakterisiert und bestimmt werden. Durch diese Analyse der Zellen kann die Erkrankung der jeweiligen Unterform besser zugeordnet werden.
In den letzten Jahren haben verschiedene Verfahren wie die Zytogenetik und molekulargenetische Untersuchungen dazu beigetragen, die Prognose für den Verlauf der Erkrankung besser einschätzen zu können. Insbesondere die molekulargenetischen Verfahren erlangen zunehmend an Bedeutung. So werden in den Leukämiezellen bestimmte Mutationen bestimmt, um mit diesen Informationen die Prognose und auch das Ansprechen auf die Therapie besser vorherzusagen. Sie ermöglichen auch, die für den Patienten optimal geeignete Therapie auszuwählen.
Therapie
Die Auswahl der Therapie einer akuten Leukämie richtet sich nach der exakten Diagnose der jeweiligen Unterform der Leukämie (AML, ALL, CML, CLL usw.), den zusätzlichen Merkmalen der Leukämiezellen, dem Alter des Patienten, seinem Allgemeinzustand und eventuellen Begleiterkrankungen.
Als Behandlungsformen kommen grundsätzlich zwei Therapien in Betracht: Die kurative Therapie mit dem Ziel, eine Heilung der Erkrankung zu erzielen und die palliative Therapie, die eine möglichst lange Lebenszeit in möglichst guter Lebensqualität zum Ziel hat. Die Therapie der akuten Leukämien unterscheidet sich von der Therapie der chronischen Leukämien grundsätzlich.
Akute Leukämien
Wichtigster Bestandteil der kurativen Therapie bei akuten Leukämien ist eine intensive Chemotherapie. Eine solche Chemotherapie kann in der Regel nur in der Klinik durchgeführt werden. Sie setzt einen guten Allgemeinzustand des Patienten und das Fehlen von schwerwiegenden Begleiterkrankungen voraus. Die allogene Stammzell-Transplantation oder Knochenmark-Transplantation ist für einen Teil der Patienten ebenfalls ein wichtiger Bestandteil in der Therapie der akuten Leukämie.
Die kurative Therapie fast aller Patienten mit akuter Leukämie, die mit dem Ziel einer Heilung behandelt werden, erfolgt im Rahmen von klinischen Studien. Diese dienen dazu, durch den Vergleich von unterschiedlichen Medikamenten oder Therapieansätzen die derzeitige Standardtherapie weiter zu verbessern. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten, die innerhalb solcher Studien behandelt werden, die besten Therapieergebnisse aufweisen.
Seit kurzem entwickeln sich bei Leukämien zunehmend zielgerichtete Therapiestrategien, das heißt in Abhängigkeit der genauen Unterform und der oben genannten Leukämiemerkmale (molekulargenetische Marker).
Chronische Leukämien
Bei den chronischen Formen der Leukämie ist das Ziel, die Erkrankung zunächst soweit wie möglich zurückzudrängen und möglichst lange zu kontrollieren. Dies erfolgt bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) mit einer Chemotherapie, meist in Kombination mit einer Antikörpertherapie (Chemo-Immuntherapie). Bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) werden fast immer moderne Medikamente in Form von Tabletten verordnet (auch Tyrosinkinase-Inhibitoren oder TKI genannt). Für beide Erkrankungsformen werden derzeit viele neue Medikamente entwickelt. Für einen Teil der Patienten kommt auch eine Stammzelltransplantation in Betracht.
Krankheitsverlauf und Rückfall
Unter einem Rezidiv oder Rückfall versteht man das Wiederauftreten einer Leukämie, nachdem durch eine Therapie zunächst eine vollständige Rückbildung aller Krankheitszeichen erreicht werden konnte. Das Vorgehen bei einem Rezidiv richtet sich nach den Vortherapien und den oben genannten spezifischen Merkmalen der Leukämie, dem Alter des Patienten, seinem Allgemeinzustand, eventuellen Begleiterkrankungen sowie dem Wunsch des Patienten und wird von Fall zu Fall festgelegt.