Herzrhythmusstörung - was ist Vorhofflimmern?
Vorhofflimmern ist eine Rhythmusstörung der Herzvorhöfe, die zu einem absolut irregulären, meist schnellen Pulsschlag führt. Da die Vorhöfe während des Vorhofflimmerns nicht mehr effektiv arbeiten, besteht hierbei die Gefahr der Bildung von Gerinnseln in einem Anhang des linken Vorhofs, dem sogenannten linken Vorhofohr. Wenn sich Anteile dieser Gerinnsel lösen, besteht die Gefahr eines Schlaganfalls bzw. eines Gefäßverschlusses der Augen oder der Gliedmaßen.
Therapie zur Senkung des Schlaganfallrisikos
Prinzipiell sind vier Vorgehensweisen denkbar, wobei die Entscheidung, welche Therapieform im Einzelfall die Beste ist, nicht ausschließlich aufgrund allgemeingültiger Empfehlungen getroffen werden kann.
- Zuwartende Haltung
Das statistische Risiko eines Schlaganfalls bei Vorhofflimmern beträgt in Abhängigkeit von der individuellen Risikosituation zwischen 2 – 15 % pro Jahr.
- Medikamentöse Behandlung
Hemmung der Blutgerinnung mittels Phenprocoumon (Marcumar®) bzw. den neuen Gerinnungshemmern Dabigatran (Pradaxa®), Rivaroxaban (Xarelto®), Apixaban (Eliquis®) bzw. Edoxaban (Lixiana®). Das statistische Risiko einer lebensgefährlichen Blutung unter diesen Medikamenten liegt in Abhängigkeit von der Risikokonstellation im Einzelfall bei 4 – 12 % pro Jahr. Neuere Studien weisen darauf hin, dass der interventionelle Verschluss des linken Vorhofohres mittels Schirm langfristig ungefährlicher ist als eine Dauertherapie mit Phenprocumon (Marcumar®). Inwieweit dies auch für die neuen Gerinnungshemmer gilt, ist bisher ungeklärt. In Einzelfällen kann die Gabe derartiger Gerinnungshemmer in Anbetracht zu erwartender lebensgefährlicher Blutungskomplika-tionen im Bereich des Gehirns bzw. des Magen-Darm-Trakt grundsätzlich kontraindiziert sein.
- Operativer Verschluss des linken Vorhofohres
Der Eingriff ist mit niedrigem Risiko verbunden; es handelt sich jedoch um eine chirurgische Operation am offenen Herzen. Sie ist indiziert, wenn zusätzlich noch andere Eingriffe wie Bypass-Operation bzw. Herzklappenersatz geplant sind.
- Interventioneller oder Katheter-technischer Verschluss des linken Vorhofohres
In der Regel haben 90 % aller Gerinnselbildungen bei Vorhofflimmern ihren Sitz und Ursprung im Bereich des linken Vorhofohres. Bei dem Eingriff, der "Schirmimplantation", wird ein „Schirmchen“ eingesetzt, das das Vorhofohr verschließt.
Schirmimplantation zum Verschluss des Vorhofohrs
Bei dem Eingriff wird parallel zur Implantation des Schirms über die Leistenvene eine Ultraschalluntersuchung über die Speiseröhre („transösophageale Echo-kardiographie“) durchgeführt. Diese dient dazu, das Platzieren des Schirmes zu optimieren.
Während des gesamten Untersuchungs- und Behandlungsablaufs bekommt der Patient intravenöse Medikamente, die ihn in einen schmerzfreien Schlaf („Analgosedierung“) versetzen, so dass das Einführen der Ultraschallsonde in die Speiseröhre nicht wahrgenommen wird. Zusätzlich wird die rechte Leiste schmerzunempfindlich gemacht („Lokalanaesthesie“). Bei der Lokalanaesthesie kann ein leichter Stich, anschließend ein leichtes Brennen sowie vorübergehend ein dumpfes Druckgefühl in der Leiste empfunden werden.
Mittels Punktion der rechten Oberschenkelvene werden sämtliche Instrumente des Verschlusssystems eingeführt. Zur sicheren Kontrolle des Blutdrucks sowie einer gefahrlosen Punktion der Vorhofscheidewand zum Vorschieben des Schirms in den linken Vorhof wird zusätzlich eine kleine Kanüle in die Oberschenkelarterie eingebracht.
Das Vorführen des Schirmsystems entlang der Venen zum Herzen wird nicht als schmerzhaft verspürt. Ein vorgeformtes Metallgeflecht in der Form zweier fest miteinander verbundenen Schirmchen wird in das Vorhofohr platziert, so dass dieses nicht mehr durchlässig ist. Im Laufe der folgenden Monate wächst das Metallgeflecht ein und wird vom Körper mit eigenen Zellen überdeckt.
Die gesamte Behandlung dauert ca. 1 – 2 Stunden. Danach wird ein Druckverband in der Leiste angelegt, der am nächsten Morgen entfernt wird. Während dieser Zeit müssen Bewegungen des Beckens sowie der unteren rechten Extremität vermieden werden.
Video: Verschluss des linken Vorhofohres mittels Schirm
Risiken und Komplikationen der Schirmimplantation
Die Sicherheit der Untersuchungen und Eingriffe am Herzen ist groß und das damit verbundene Risiko gering. Erwähnt werden muss jedoch, dass kein medizinischer Eingriff völlig frei von Risiken ist. Grundsätzlich muss zwischen lokalen und systemischen Komplikationen, die bei jedem Eingriff auftreten können, unterschieden werden.
Lokale Komplikationen: Kleinere Hautverfärbungen und Blutergüsse („Hämatome“) im Bereich der Einstichstelle kommen naturgemäß gelegentlich vor. Sie sind jedoch von keiner nachteiligen Bedeutung. Größere, d.h. Bluttransfusion-pflichtige oder chirurgisch revisionsbedürftige Hämatome sind sehr selten. Sehr selten kann sich eine Ausbuchtung der Gefäßwand („Aneurysma“) im Bereich der Leistengefäße bilden, die eine chirurgische Revision notwendig macht.
Systemische Komplikationen: Sehr selten (< 5 % der Eingriffe) kann das Schirmsystem nicht optimal platziert werden, so dass es Katheter-technisch geborgen werden muss. In Einzelfällen muss eine chirurgische Entfernung des Schirmsystems in Betracht gezogen werden. In ca. 5 % der Eingriffe kann eine Verletzung des Herzmuskels auftreten, die zu einer Einblutung in den Herzbeutel führt („Herzbeuteltamponade“), Diese kann in der Regel durch Einführen eines Plastikschlauchs durch die Haut entlastet werden. Gelegentlich gelingt dies jedoch nicht, so dass notfallmäßig eine chirurgische Operation mit Durchtrennung des Brustbeins, Entlastung unter Sicht und Versorgung der beschädigten Herzstrukturen durchgeführt werden muss. Sehr selten (~ 1 % der Eingriffe ) kann es während der Schirmimplantation infolge Verschleppung von Blutgerinnseln oder Luftbläschen in die arterielle Strombahn zu einem Schlaganfall kommen.
Nachsorge mit Medikamenten nach dem Eingriff
Nach dem Eingriff ist eine Blutplättchen-hemmende medikamentöse Behandlung mit Acetylsalicylsäure (Aspirin®) und Clopidogrel (Plavix® bzw. Iscover®) für 3 - 6 Monate sowie eine „Endokarditis-Prophylaxe“ notwendig. Beide Maßnahmen werden durchgeführt, bis die körpereigenen Zellen das Schirmchen „zugekleidet“ haben.