Das Multiple Myelom, früher auch Plasmozytom genannt, wird bedingt durch eine bösartige Vermehrung von Plasmazellen, zumeist im Knochenmark, selten auch in Lymphknoten oder anderen Organen. Plasmazellen sind auch bei gesunden Menschen im Knochenmark vorhanden und bilden die Antikörper gegen Krankheitserreger. Beim Multiplen Myelom sind diese jedoch stark vermehrt. Sie verdrängen die gesunden blutbildenden Zellen und zerstören den Knochen. Die Eiweiße, die sie bilden, erscheinen im Blut oder Urin und können dort nachgewiesen werden. Sie können sich in den Organen Herz, Nieren, Lymphknoten oder Gefäßen ablagern und dort die Funktion stören.
Häufigkeit, Erkrankungsalter, Ursachen
Die Erkrankung wird in Deutschland etwa 5.700 mal im Jahr neu diagnostiziert. Ein Drittel der Erkrankten sind unter 65 Jahren, ein Drittel zwischen 65 und 75 Jahren, ein Drittel über 75 Jahren. Die Verbreitung der Erkrankung nimmt im Alter also zu. Vor dem 35. Lebensjahr tritt sie sehr selten auf. Die Ursachen für die Erkrankung können radioaktive Strahlung oder chemische Substanzen sein. Erreger (Bakterien oder Viren) wurden bisher nicht als Ursache festgestellt. Meist ist jedoch die Entstehung nicht erklärbar. Die Erkrankung ist nicht ansteckend und auch nicht erblich.
Symptome
Die häufigsten und frühesten Symptome eines Multiplen Myeloms sind Rückenschmerzen. Deshalb wird oft zuerst der Orthopäde aufgesucht. Es können aber auch andere Teile des Skeletts schmerzen, wie beispielsweise Schultern, Hüften oder der Brustkorb. Dieser Schmerz wird verursacht durch die Myelomherde im Knochen, die den gesunden Knochen zerstören. Manchmal ist sogar ein Knochenbruch an einer solchen Stelle das erste Krankheitszeichen. Bei einigen Patienten sind jedoch keine „Löcher“ im Knochen zu finden, sondern „nur“ eine Osteoporose. Andere Symptome können unnormale Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Atemnot sein, die durch Blutarmut bedingt sind. Die Blutarmut entsteht durch die Verdrängung der normalen Blutbildung im Knochenmark. Auch Infektionen und vermehrte Blutungen etwa an der Haut können auftreten. Seltener ist eine Bewusstseinstrübung mit starkem Durst, starkem Urindrang und Verstopfung, verursacht durch zu viel Kalzium im Blut. Dieses Kalzium wird durch die kranken Plasmazellen aus dem Knochen freigesetzt. Nicht selten wird die Diagnose aber auch zufällig im Rahmen einer Blutuntersuchung gestellt, die aus einem anderen Grund durchgeführt wird.
Diagnostik (Kopie)
Die Diagnose eines malignes Lymphoms wird in aller Regel aus einem krankhaft veränderten Lymphknoten gestellt. Meistens ist hierfür ein kleiner operativer Eingriff in Narkose erforderlich.
Zusätzlich müssen genaue Untersuchungen für die Erfassung aller Lymphknotenstationen im Körper durchgeführt werden. Konkret bedeutet das Computertomographien, Ultraschall, Blutuntersuchungen und eine Knochenmarkpunktion. Vorbereitend für die möglicherweise erforderliche Therapie werden die Organfunktionen von Herz, Lunge und Niere bestimmt.
Klassifikation
Dem typischen Multiplen Myelom geht manchmal eine Erkrankung voraus, die man „Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz“ nennt, kurz MGUS. Das bedeutet, dass im Blut eine Sorte Antikörper-Eiweiß vermehrt ist, sonst aber weder eine Vermehrung von Plasmazellen noch eine Knochenzerstörung gefunden wird. Man weiß, dass pro Jahr 1 Prozent dieser MGUS in ein Multiples Myelom übergehen. Das nächste Krankheitsstadium ist das sogenannte „Smouldering-Myelom“, also ein „schwelendes“ Myelom. Hier sind die Plasmazellen im Knochenmark schon auf mehr als 10 Prozent vermehrt. Es sind aber noch keine weiteren Schäden eingetreten. Wenn dann auch Schäden an Knochen oder Nieren vorhanden sind oder zu wenig Blut oder zu viel Kalzium im Blut sind (die Mediziner sprechen von den sogenannten „CRAB“-Kriterien), handelt es sich um ein Multiples Myelom, das symptomatisch ist und rasch behandelt werden muss. Durch genetische Untersuchung der kranken Plasmazellen kann festgestellt werden, ob die Zellen besonders bösartig sind. Dann verläuft die Erkrankung meist aggressiver und muss intensiver behandelt werden.
Es gibt zwei Sonderformen der Erkrankung. Das „solitäre Plasmozytom“ ist eine Wucherung nur an einer Stelle im Knochen, im ganzen übrigen Körper sind die Plasmazellen nicht vermehrt. Diese Erkrankung hat eine sehr günstige Prognose. Sie kann durch eine Operation und Bestrahlung an dieser Stelle geheilt werden. Das Gegenteil ist die Plasmazellleukämie, bei der die Plasmazellen aus dem Knochen in das Blut wandern und von dort wie bei einer Leukämie den ganzen Körper überschwemmen.
Therapie des Multiplen Myeloms
Alle Möglichkeiten der modernen Medizin wie Chemotherapie, Operationen und Bestrahlungen werden zur Behandlung des Multiplen Myeloms eingesetzt. Die wichtigste Behandlungsmethode beim Multiplen Myelom ist die Chemotherapie. Durch die Chemotherapie werden die kranken Plasmazellen zerstört und das gesunde Knochenmark kann sich wieder aufbauen. Bei jüngeren Patienten, aber auch bei fitten älteren Patienten bis etwa 75 Jahre, empfiehlt man eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation. Das Diakonie-Klinikum Stuttgart nimmt derzeit an zwei Studien der DSMM (Deutsche Studiengruppe Multiples Myelom) teil, in denen die neuesten und besten Therapiemöglichkeiten untersucht werden. In der DSMM-XIV-Studie werden Patienten bis 65 Jahre behandelt, in der DSMM-XIII-Studie Patienten zwischen 60 und 75 Jahren. Dadurch haben die Patienten die Möglichkeiten, nach dem neuesten Stand der Medizin behandelt zu werden. Eine allogene Stammzelltransplantation (Stammzellen von einem anderen Menschen) wird dann durchgeführt, wenn die Krankheit besonders ungünstig verläuft. In den letzten Jahren sind mehrere neue Medikamente entwickelt worden (Lenalidomid, Pomalidomid, Bortezomib), die die Prognose im Vergleich zu den früheren Jahren deutlich verbessert haben und auch alle bei uns eingesetzt werden. Mehrere weitere Medikamente werden getestet und werden in den nächsten Jahren die Behandlungsmöglichkeiten weiter verbessern.
Durch Operationen müssen gebrochene Wirbel oder Röhrenknochen stabilisiert werden. Diese Operationen können alle im Diakonie-Klinikum durchgeführt werden. Meist schließt sich dann eine Bestrahlung dieser Region an, damit die Plasmazellen an dieser Stelle nicht wieder wachsen und neuen Knochen zerstören. Eine Bestrahlung kann auch durchgeführt werden, wenn an einer bestimmten Stelle die Knochenschmerzen zu stark sind. Dank der Zusammenarbeit mit der Strahlentherapie der Universität Tübingen können diese Bestrahlungen ebenfalls im Diakonie-Klinikum erfolgen. Unterstützt wird der Knochenaufbau durch sogenannte Biphosphonate in Tablettenform oder als Infusion. Biphosphonate werden auch bei Osteoporose verschrieben.
Prognose
nach Hochdosistherapie krankheitsfrei bleiben, aber man muss auch nach zehn oder mehr Jahren mit einem Rückfall rechnen. Die durchschnittliche Lebenszeit ab Therapiebeginn liegt im Moment bei sechs Jahren, wobei ein Viertel weniger als drei Jahre lebt, ein Viertel aber länger als zehn Jahre, abhängig vom Erkrankungsalter und dem Stadium der Erkrankung. Es ist zu hoffen, dass sich die Prognose in den nächsten Jahren durch neue Medikamente weiter verbessert.